Zurück von den Orkneys empfängt uns das Festland mit Regenwetter. So macht Zelten keinen Spass und wir organisieren uns seinen Pod. Dies sind kleine Häuschen, häufig ähnlich wie ein grosses liegendes Fass und es gibt sie in allen Grössen und Ausstattungen von ‘bring dein eigenes Bett’ bis zu solchen mit eigenem Badezimmer und Küche. Sie sind hier recht häufig auch auf Zeltplätzen oder einzeln anzutreffen zum Preis von einem günstigen Hotelzimmer. Bei diesem voll ausgestatteten Pod ist sogar ein volles ‘Scottish Breakfast’ inklusive (weisse Bohnen, Blutwurst, Würstli, Pilze, Toast etc.), und es hat so viel, dass gleich auch der nächste Znacht damit geregelt ist…
Noch immer ist es bewölkt und regnet auch immer mal wieder. Auf kleinen Strassen fahren wir nun in Richtung der berühmten Westküste. Im Nieselregen wollen wir die Smoo Cave besichtigen, eine Höhle praktisch auf Meereshöhe mit einem schönen Wasserfall darin. Durch die vielen Niederschläge ist vom Wasserfall fast nichts zu sehen – dieser spritzt und nebelt so stark, dass man ihn fast nicht mehr sieht.

Wieder mal ist Matti mit dem Buchen von Fähren beschäftigt. Wir wollen auf die Äusseren Hebriden und dann zurück nach Skye und den weiteren Inseln nach Süden folgen – doch fast sämtliche Fähren müssen im Voraus gebucht werden und sind teilweise schon längst ausgebucht. Wir legen uns einen Plan zurecht und ‘götschen’ weiterhin die regnerische Westküste hinunter. Natürlich merken wir nun auch, dass alle unsere Stiefel nicht mehr wasserdicht sind. Wir wagen uns auf einen Zeltplatz und sind froh, ein etwas geschütztes Plätzchen zu erhalten. Auch hat es gleich oberhalb ein gutes Restaurant angegliedert. Von hier erkunden wir bei abwechselnd graunassem und blauem Himmel die Gegend, machen kleine Wanderungen zu Seastacks (hohen Felsen im Meer entlang der Küste) wie dem Old Man of Stoer und auch der Wiling Widow Waterfall; dieser profitert natürlich vom vielen Regen.

Da die nächste freie Fähre erst in ein paar Tagen fährt, holen wir bereits den Bereich zwischen Ullapool und der Isle of Skye vor und schaffen es auch endlich mal wieder ‘wild’ zu campen an einem schönen kleinen See. Auch der Applecross Pass darf natürlich nicht fehlen, eine schöne enge Passstrasse mit wunderschönen Ausblicken, die sehr an die Alpen erinnern.
So, genug Zeit verplempert, ab auf die Äusseren Hebriden, auf die Insel Harris und Lewis. Dies ist eine weit vorgelagerte, aber grosse Inselgruppe westlich von Nordschottland. Und sie empfängt uns mit Regen und starken Windböen. Zum Glück ist der Campingplatz etwas windgeschützt und hat zudem einen Gemeinschaftsraum wo man im trockenen Essen und planen kann. Bei der Töffkontrolle im Nieselregen merkt Matti, dass seine Kette langsam das Lebensende erreicht und beginnt sich ungleichmässig zu längen, was sich beim Fahren auch mit unangenehmen Geräuschen bemerkbar macht. Doch noch lässt sie sich etwas einstellen.
Zum Glück gibt es ein paar Museen in der Nähe, so besichtigen wir ein rekonstruiertes ‘Black House’ – so genannt, weil das fast fensterlose Gebäude mit dicken Bruchsteinmauern und einem dicken Dach aus Heidekraut wegen dem fehlenden Licht und dem stets brennenden Torffeuer effektiv schwarz innen war (und weil die neu aufkommenden weiss angestrichenen Backsteinhäuser im starken Kontrast dazu standen). Auch eine Schafwoll-Spinnerei konnten wir besichtigen, die aus der frischen Schafwolle gesponnenes Wollgarn herstellt; woraus dann private Weber den bekannten ‘Harris-Tweed’ weben. Dies ist ein dicker, warmer Stoff mit den bekannten kreuzförmigen, schottischen Mustern.

Endlich klart es auf. Der Wetterbericht meldet Sonne und 26°C für die nächsten zwei Tage; das kann nicht stimmen. Doch die Hitze im Zelt jagt uns am nächsten Morgen raus. Endlich mal ohne Überjacke fahren, ein ganz neues Gefühl! So düsen wir kreuz und quer über das südliche Harris, wandern zu Steilklippen und finden einen wunderschönen ‘Camping’ direkt an einem weissen Strand. Ausser einem Schild und einer Box, wo bitte schön pro Person und Nacht ein kleiner Obulus einzuwerfen ist, gibt es nichts – ausser Wohnmobile. Aber die können nicht auf die schöne Wiese fahren wie wir. Wir verlagern also flugs unser Zuhause an diesen traumhaften Strand und geniessen den ersten Sonnenuntergang am Meer unserer Reise. Doch unsere Tage sind gezählt und umbuchen geht nicht, da es kaum freie Plätze für Töffs in den nächsten Tagen gibt. Wohl daher wechselt das Wetter auch wieder zum gewohnten grau und nass während wir in Richtung Isle of Skye tuckern.

Dort warten auch schon die Midges auf uns – als ob es nicht genug andere Touristen gäbe zum Auffressen. Auch merken wir, dass es nun extrem touristischer wird. Täglich muss Matti ein paar Vollbremsungen vollziehen, weil ein Tourist irgendwo auf die falsche Strassenseite zieht oder bei Kreuzungen auf die falsche Seite schaut.
Zur Abwechslung erwischen wir eine Phase mit einigen ‘blauen Wolken’, um einige schöne Steinformationen beim Old Man of Storr zu erwandern und den bekannten Quiraing Pass zu befahren. Mattis Geburtstag verbringen wir dafür vollständig im Zelt, es regnet zu stark, um an ein Wegfahren zu denken. Dafür gibt’s abends im Restaurant einen Extrawhisky aus der bescheidenen Auswahl von 400 Flaschen. Über eine uralte Fähre geht es am nächsten Tag zurück aufs Festland. Diese kann gerade mal etwa 4 Autos aufnehmen und ist die letzte ‘Turntable Ferry’ in Schottland. Diese kann den gesamten Bereich der Fahrzeuge frei um den Bootsmittelpunkt herumdrehen und damit braucht sie auch nicht eine hochziehbare Rampe, sondern kann einfach fast quer anlegen und dann das Autodeck auf die Bootsrampe drehen.

Endlich klappt es auch mal mit Highland Games. Das Wetter macht ausnahmsweise mal Pause und so geniessen wir einen schönen Tag mit Hammerweitwurf und -Hochwurf, Baumstammwerfen, Tanzvorführungen und vielen Dudelsäcken; ein wahres Volksfest. Bei Regen fahren wir in Richtung der Insel Mull. Diese hat Matti vor 20 Jahren während genau 10 Minuten betreten und wegen den starken Regenfällen gleich wieder auf der nächsten Fähre verlassen. Mal schauen, ob wir es diesmal besser machen. Die Prognosen verheissen jedenfalls nichts Gutes, sodass wir uns einmal mehr ein Hotel suchen (was halbwegs kurzfristig und in der Hochsaison gar nicht so einfach ist). Auch diesmal ist der Regen ein häufiger Begleiter, doch finden wir auch ein paar Stunden, um die Insel Staffa per Boot zu besuchen, wo es viele Papageientaucher, Basaltsäulen und eine schöne Seacave gibt. Auch eine Weberei mit viktorianischen Maschinen, die Tweedstoffe webt und die Whiskydestillerie von Tobermory (welche auch den ‘Ledaig’-Whisky herstellt) wollen besucht werden. Es gäbe auf der Insel viele schöne wilde Orte, um ein Zelt aufzustellen – doch sind wir am Ende einmal mehr froh, ein bequemes Hotel gefunden zu haben, da es nun sehr neblig wird und insbesondere nachts auch öfters regnet.

Von hier aus nehmen wir auch Kontakt auf zu Triumph Glasgow, die uns trotz Hochsaison einen Termin in ein paar Tagen offerieren können, um Mattis Kette zu ersetzen. So planen wir die Route etwas um und stehen am Ende viel zu früh am Fähreterminal der Insel. Kurz mit dem Einweiser gesprochen und schon dürfen wir auf die nächstfrühere Fähre, obschon gemäss Telefon diese komplett ausgebucht sein soll – vor Ort klappt immer einiges mehr, vermutlich gibt es auch ein paar Plätze, die für genau solche Fälle reserviert sind.
Bis Glasgow sind es aber noch viele Fähren, die für einmal immerhin nicht vorgebucht werden müssen (man dafür aber auch keine Garantie hat, dass sie dann plötzlich voll sind); zudem sind sie manchmal so klein, dass die heutigen Strassenpanzer nicht mal mehr nebeneinander Platz haben und versetzt stehen müssen, was die Kapazität effektiv fast halbiert. Einige Zeit später schleichen wir in Glasgow ein – die Lichtsignale sind in Schottland und auch hier allgemein sehr ineffizient gestaltet; eine grüne Welle unbekannt. Wir deponieren Mattis Töff und uns bleibt nun ein bisschen Zeit, Glasgow zu besichtigen; so besuchen wir ein spezielles Museum mit vielen ‘Automaten’, per Motor angetriebene Figuren, Maschinen und Apparate, die uns während einer Dreiviertelstunde im Sharmanka Kinetic Theatre demonstriert werden – sehr spannend, was hier primär eine Person über viele Jahre hinweg gebaut hat.

Da wir wegen dem Kettentermin einige Orte auslassen mussten, schlagen wir nun nochmals einen Haken zurück auf die Insel Arran wo eine spannende Ansammlung von Steinkreisen und Gräbern im Machrie Moor auf uns wartet und auch ein schöner Doppelwasserfall (Glenashdale Falls) besucht werden will. Eigentlich wollten wir hier auf einen kleinen unbekannten Zeltplatz an einem Flüsschen, aber nach einem kurzen Augenschein vor Ort ist er schon voll, von Midges, und zwar so richtig. Auch sind die Prognosen wieder mal dunkelschwarz, sodass wir einmal mehr auf ein Hotel ausweichen. Von hier machen wir auch einen Tagesausflug ans Mull of Kintyre, welches trotz dem eingängigen Song doch eher wenig zu bieten hat im Vergleich zu anderen Küstenlandschaften. Der Termin naht nun, am 1. August soll uns eine Fähre nach Irland bringen. Doch vorher besuchen wir noch den interessanten Logan Botanic Garden, wo im subtropischen (!) Mikroklima auch Farnbäume und einige Palmen wachsen. Auch das Mull of Galloway besuchen wir kurzentschlossen und dürfen hier den (inzwischen voll automatisierten) Leuchtturm besteigen und die alten Kompressoren für das Nebelhorn bestaunen. Nun geht es nur noch einen Tag und kurz darauf wummern die grossen Schiffsdiesel bereits – Irland wir kommen.
Unsere Route

Hallo Matti & Barbara
Schön, euren Reisebericht zu lesen. Den Fotos zu mutmassen könnte man meinen, euch sind ein paar mehr schöne Sonnentage beschert als Ihr im Text schreibt; sie sind wirklich schön gelungen! Eine gute und erlebnisreiche weiterreise wünsche ich euch! Liebe Grüsse, Melanie