Schon kurz nach Ankunft in Nordirland (was zu Grossbritannien gehört), wird uns angst und bange – die von der Fähre kommenden Autos liefern sich die übelsten Überholmanöver über zig Spuren hinweg und wer blinkt, verdirbt den anderen sowieso die Überraschung – wir sind froh, von der grossen Strasse abzubiegen und verziehen uns in den äussersten Nordosten. Hier ist auch der Giant’s Causeway, eine sehr bekannte Küstenlandschaft mit den bekannten 6-eckigen Basaltsäulen. Entsprechend kostet auch der Eintritt ein halbes Vermögen – zumindest, wenn man über den direkten Parkplatz geht. Wer wandert oder per Bus kommt, bezahlt nichts (ausser er möchte das Visitor Centre besuchen). Kurz entschlossen parkieren wir also einige Kilometer östlich und wandern der extrem schönen und relativ einsamen Steilküste entlang. Nach einer längeren Wanderung sehen wir schliesslich das Ziel: komplett gefüllt mit Touristen und trillerpfeifenschwingenden Aufpassern. Kurz überlegen wir, gleich wieder umzudrehen, aber wenn wir schon mal hier sind, versuchen wir ein paar Basaltsäulen zwischen all den Menschen ausfindig zu machen, und als wir genug Menschen gesehen haben, gibt es sogar einen öffentlichen Bus, der uns bequem zum Ausgangsort zurückbringt. Wir sind aber froh, schon auf der Insel Staffa bei Mull solche Säulen gesehen zu haben; unserer Meinung nach waren die dortigen viel schöner – und vor allem weniger überlaufen.

Unser Ziel ist aber die Westküste. Doch dafür müssen wir erst mal den eingefangenen Nagel aus dem Pneu ziehen und üben das Wechseln des Schlauches. Prüfung bestanden und nochmals kurz die Wetterprognosen gecheckt: Ups, Sturmwarnung der höchsten Stufe für Nordirland und ganz Schottland für die nächsten 2 Tage. Zwar hat unser Zelt schon bewiesen, was es kann, aber drauf ab kommen lassen wollen wir’s trotzdem nicht. In Derry finden wir daher ein kleines Häuschen am Stadtrand, wo wir es uns für 2 Nächte bequem machen. Die Stadt, wo der bekannte Bloody Sunday war, hat zum Glück genug zu bieten für einen stürmischen Tag, während an der irischen Küste und in Schottland die Bäume (und Wohnmobile) reihenweise umfallen und es grosse Stromausfälle gibt. Zudem ist ein lokaler Töffmech super spontan bereit, unseren beiden Töffs den fälligen Ölwechsel zu machen, was uns sehr entgegen kommt, denn an der Westküste gibt es dann nur noch sehr wenige Töffläden.
Nun wechseln wir von Nordirland zu Irland (welches in der EU ist, den Euro hat und in Kilometern statt Meilen rechnet); den Grenzübergang nimmt man nicht mal wahr. Keine Tafeln, keine Gebäude, keine Kontrollen; das ist wohl der einfachste Ort, um in die EU zu gelangen! Vorbei an Nationalpärken, Steinkreisen, Dolmen und Kirchenruinen geht es nun an die Westküste. Aufgrund der noch immer starken Böen bleiben wir lieber etwas im Landesinnern und fangen prompt den nächsten Platten ein. Diesmal eine Teppichmesserklinge, die den Pneu auf 2cm Länge aufschlitzt. Damit wir überhaupt wegkommen, gibt’s einen neuen Schlauch, aber wir trauen dem Pneu so nicht mehr. Zum Glück hat ein ‘naher’ Töffmech noch einen plusminus passenden Pneu an Lager, sonst hätten wir über das ganze Wochenende auf einen Neuen warten müssen.
Das Wetter beruhigt sich jetzt langsam nach dem Sturm, sodass wir uns wieder mal an die Küste wagen. Prompt finden wir auf einer kleinen Landzunge ein wunderschönes Plätzchen für unser Zelt direkt am Meer und entspannen uns dort gleich zwei Nächte trotz windigem und wechselhaftem Wetter. Ab hier gegen Süden wird die Küste immer häufiger zur Steilküste, die wir zum Beispiel am Moyteoge Head auf Achill Island auf einer kleinen Wanderung erkunden. Auch an Kirchenruinen wie der Burrishoole Abbey oder die Ross Errilly Friary spart Irland nicht, so gibt es zig ehemalige Kirchen und Klöster, wo die Böden der halb verstürzten Kirchenschiffe längst wieder zu einem auch schon wieder verlassenen Friedhof umgewandelt wurden.

An Galway vorbei schiessen wir ins Herz des Westküstentourismus. Die bekannten und touristisch überfüllten Cliffs of Moher … können uns mal; das südlich gelegene Cliff of Kilkee begeistert umso mehr durch wenige Touristen und mindestens ebenso schönem Panorama. Wenn am richtigen Ort parkiert wird, sogar völlig gratis. Auch die Stimmung im Pub in Dooley ist dank irischer Livemusik wirklich toll. Für die technisch versierten Freaks bietet sich danach ein Stopp im Lartigue Monorail Museum in Listowel an. Hier wurde eine einzigartige, um 1930 eingestellte Zuglinie auf einem Kilometer Länge wieder rekonstruiert. Diese verkehrte nicht wie üblich auf zwei Geleisen, sondern auf einem einzigen, erhöhten Geleise mit seitlichen Führungsschienen. Die Fracht und die Beladung waren seitlich davon angebracht und mussten gut ausgeglichen werden. Nach 30 Jahren im Betrieb wurde sie dann schliesslich während des irischen Bürgerkriegs eingestellt, nachdem sich die Schienenkonstruktion als sehr anfällig gegenüber Anschlägen erwiesen hatte. Heute kann hier eine Probefahrt gemacht werden, inklusive Demonstration der dabei benötigten, sehr komplexen Drehscheiben.

Nun wird die Küste ‘fjordiger’, immer mehr Landzungen stechen in den Atlantik und landschaftlich schöne Strassen erschliessen diese Küsten. Sogar ein paar Passstrassen durchziehen diese Landschaft, wie der sehr schöne und enge Conor Pass auf der Dingle-Halbinsel (mit 465m der zweithöchste Pass Irlands). Auf dieser Halbinsel steht auch das Gallarus Oratory, eine etwa im 8. Jahrhundert in Trockenbauweise errichtete, frühkristliche Kirche die noch immer (fast) unverändert steht.

Bei Blitz und Donner treffen wir nahe Cahersiveen auf unserem Zeltplatz ein und schlagen den Rekord zum Zeltaufstellen einmal mehr – in nicht mal 5 Minuten steht unser Zelt und wir verkriechen uns sofort und rechtzeitig ins Innere, während sich draussen ein massives Gewitter über uns entleert. Wir erkunden in den nächsten Tagen die Halbinsel und ab und zu findet sich nun auch hier ein schöner kleiner Pass, zumeist mit kleinsten, einspurigen Strassen. Mit stetem Blick aufs Wetter planen wir unsere Touren sehr spontan und müssen sie oftmals kurzfristig anpassen, besichtigen dabei ein bronzezeitliches, massives Ringfort, Dinosaurierspuren am Meer eines Quadropoden (eine Art prähistorisches, vierbeiniges Krokodil und letztendlich der Urahn aller heutiger Säugetiere) und steinzeitliche Steinhauereien in Form von noch schwach sichtbaren Kreisen und Punkten auf einigen Steinplatten im Nirgendwo.
Auf der Weiterfahrt lassen wir uns die Muckross Abbey nicht entgehen. Hier wurde der viereckige Innenhof um eine noch viel ältere Eibe gebaut, die das ehemalige Kloster noch immer überdauert. Nach diversen kleinen und kleinsten Pässen erreichen wir die Beara-Halbinsel und den wunderschönen Healy Pass, der sich fast wie eine schweizer Passstrasse anfühlt mit perfektem Strassenbelag und guten Kurven. Das von Matti anvisierte Bergwerksgelände besitzt zwar einen grossen Stollen, aber ein umso grösseres Eisentor davor und ganz viel Maschendrahtzaun und Stacheldraht – schade. Dafür besuchen wir einen Ogham Stone, ein in der Bronzezeit errichteter grosser stehender Stein, der später mit einer Art gälischer Geheimschrift ‘dekoriert’ wurde.

Unsere Zeit in Irland neigt sich dem Ende zu, bald schon soll uns eine Fähre verschlucken und in der Bretagne wieder ausspucken. So nutzen wir die letzten Tage für das Begutachten von vielen Steinen in Form einer Schlossruine, eines riesigen ehemaligen Hügelgrabs und dem ehemaligen Gefängnis von Kerry. Die Überfahrt in die Bretagne verläuft ruhig und kurz nach 7 rollen wir in Roscoff von der Fähre und verlieren uns in den Wäldern der Bretagne bei kalten 9°C. Um etwas vorwärts zu kommen, nehmen wir auch etwas Autobahn mit, die uns dann bei über 30°C im Schatten bis ins Zentralmassiv führt. Solche Temperaturen sind wir uns nicht mehr gewohnt und selbst in den Bergen der Auvergne wird es kaum unter 25°. Wenn wir schon in Frankreich sind, müssen wir unbedingt nach Pont-en-Royans, denn dort gibt es eine Spezialität, die wir über alles lieben: Ravioles, eine Art kleiner Ravioli mit einem hauchdünnen Teig und meist einer Frischkäsefüllung. Das Topcase wird zum Kühlschrank umfunktioniert und noch viele Mitbringsels eingekauft und schon düsen wir durch einige steile Schluchten und aus dem Felsen gehauenen, spektakulären Strassen in zwei Tagen über den Jura nach Hause, wo wir nach über 13’000km und insgesamt 24 Fähren wohlbehalten und entgegen jeglichen Wetterprognosen sogar trocken ankommen.

Unsere Route in Irland

Gesamtroute
