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Und plötzlich ist es fertig…

Wir können uns kaum vom schönen Campingplatz am Rio Tâmega lösen, doch die Zeit schreitet voran und der Heimweg wird auch nicht kürzer. Nach einer letzten Rundtour in der Gegend packen wir also die Koffer und fahren weiter gegen Norden. Über kleine Strassen schlängeln wir durch die Hügel und über eine noch Kleinere erreichen wir schliesslich wieder Galicien in Spanien. Bye bye Portugal.

In der Region Ourense waren wir schonmal, hatten hier eine Bootsfahrt auf dem Rio Sil gemacht, doch die Hauptsehenswürdigkeit hatten wir verpasst – die Gebäude der ehemaligen Psychiatrie… Verlassen in 2012 stehen hier zig alte und teils futuristische Gebäude und wir erkunden die Gänge und Hallen und finden es schade, dass so viel herausgerissen und zerstört wurde (sei es beim Verlassen oder vermutlich eher seither durch Vandalen etc).

Hospital Psiquiátrico de Toén

Nun aber ab zum Zeltplatz, doch – dieser ist voll; und das unter der Woche! Nach einiger Zeit telefoniert die Rezeptionistin sogar für uns herum – alle 6 umliegenden Zeltplätze sind ebenfalls voll – zum ersten Mal trifft uns hier die Hauptreisezeit hart – Galicien ist insbesondere im August sehr voll. Zum Glück finden wir nach etlichem eigenen telefonieren noch eine sehr angenehme Casa Rural in der Nähe, direkt neben einem alten und grösstenteils zerfallenen Kloster und bereiten unser Nachtessen halt dort auf dem Gartentisch zu.

Weiter östlich zickzacken wir durch die Hügel, überqueren mehrmals den jüngeren Rio Sil und weil wir Ísabel von unsem schönen Hotel von der Hinreise bei Las Medulas nochmals besuchen wollen, zelten wir in der Nähe – denn auch hier ist im August alles auf Wochen hinaus ausgebucht; so machen wir immerhin zum Zmittag ab (was in der Schweiz zeitlich schon fast ein Zvieri wäre 😉 ). Schon auf dem Weg zum Camping sehen wir vor uns eine dunkle Rauchwolke und biegen aber kurz davor ab auf unseren Zeltplatz. Bald schon brummen die Löschhelikopter über uns, und wir fragen uns, ob das so eine gute Idee war. Glücklicherweise haben sie den Brand aber nach ein paar Stunden unter Kontrolle und wir können beruhigt schlafen.

Da wir genug Zeit haben, nehmen wir noch eine Extrarunde durch die Bergregion La Cabrera und geniessen die Ausblicke und einsamen Dörfer. Schliesslich geniessen wir ein feines Mittagessen im Hotel (welches ab 14 Uhr serviert wird) und nach so einigem Schwatzen fahren wir noch immer satt zurück zum Zelt – einen Znacht braucht es heute auch nicht… Wir haben es nicht pressant, das neue Lenkkopflager in Bilbao wartet erst in einigen Tagen, so fahren wir durch den Parque Natural de Somiedo auf kleinen Strassen weiter gen Osten und kreuzen ab und an unsere Spur vom Hinweg.

Am Rande des Naturparkes Las Ubiñas-La Mesa spielen die Wolken mit uns; 30 Sekunden zuvor war hier nur grau

Unverhofft bremst Matti stark – ein alter Schachtaufzug einer Mine weckt sein Interesse und flugs stehen wir in der ausgeräumten Maschinenhalle des Pozo Herrera N°2 in Sotillos de Sabero und besichtigen die alten Gebäude einer der grössten Untertage-Kohleminen Spaniens. Wenig darauf ein zweiter Schacht; während ersterer für die Förderung des Materials zuständig war, wurde dieser für die Belegschaft gebraucht. Hier steht noch die alte Seilwinde im Maschinenhaus und vom besteigbaren Turm hat man eine herrliche Weitsicht. Kulturprogramm abgehakt.

Schachtaufzug über dem Pozo Herrera N°1 in Sotillos de Sabero vom alten Kohlebergwerk

Oder doch noch nicht ganz. Gleich hinter dem Ebro Stausee fahren wir zur Pyramide von Gizeh.. äh Pirámide de los italianos. Ein Mausoleum für die italienischen Soldaten, die für Diktator Franco während dem spanischen Bürgerkrieg im Kampf um Santander gefallen waren. Die Überreste von 372 Soldaten waren hier einst begraben. Schon 1975 wurden diese aber nach Italien überführt und das Mausoleum ergibt seither eine schaurig schöne Kulisse.

Pirámide de los italianos

Über die Asturische Schweiz (der Name hat auf dem Hinweg ein Velofahrer vorgeschlagen für die Berge rund um Vega de Pas) fahren wir im Zickzack weiter bis nach Bilbao. Auch hier, um 17h kein Anzeichen von Stau und unser Hotel ist bald gefunden. Die Töffs in der Garage versteckt und schon geniessen wir die Aussicht vom 8ten Stock über die ganze Altstadt. Doch wir sind nicht zum städtern hier – endlich bekommt Mattis Tiger sein langersehntes neues Lenkkopflager und Barbaras AfricaTwin den wohlverdienten Service während wir rund um das Guggenheim Museum und quer durch die Stadt wandern. Da das lokale verlassene Spital leider von Securitas einem Dobermann beschützt wird (vor was auch immer), beschliessen wir den Wachhund ausnahmsweise nicht zu streicheln und suchen andere Beschäftigungen…

Guggenheim-Museum in Bilbao

Was in einem Grossteil Spaniens die Tapas, sind hier die Pinczos. Kleine Häppchen mit Käse, Fleisch, Fisch und anderem, die mit einem Zahnstocher zusammengehalten werden. Dank riesiger Auswahl ergibt das auch locker einen ganzen Znacht. Doch irgendwas muss Barbara nicht gut bekommen haben, so suchen wir am nächsten Tag schon nach einer Stunde nach einer neuen Unterkunft (rate wieviele Anrufe das brauchte…). Wir finden ein schönes Casa Rural und sie kann sich schliesslich hinlegen und erholen und Matti hat endlich Zeit, sein spanisches Buch fertig zu lesen.

Mit noch etwas flauem Gefühl im Magen kanns aber am nächsten Tag weiter gehen. Wir wollen noch so einige Pyrenäenpässe machen und wechseln einige Male zwischen Frankreich und Spanien hin und her. Mit jedem Übergang werden die Berge höher und imposanter und wir stocken unser Kulturprogramm gehörig auf.

Wir beginnen mit der Ruine der ehemaligen Munitionsfabrik Real Fábrica de Armas de Orbaizeta. Hier kriegen wir zwar nasse Füsse, doch lohnt sich insbesondere der Anblick des alten Wasserkanals der mitten durch die Fabrik lief und für verschiedenste Zwecke gebraucht wurde.
Auch das seit Jahrzehnte (fast) verlassene Dorf Escó am Yesa-Stausee soll nicht fehlen, wo praktisch nur noch die Kirche (halbwegs) steht und auch die nahe, vom Stausee verschluckte, Therme Balneario de Tiermas ist jetzt dank tieferem Wasserstand sichtbar. Hier sprudelt das Wasser noch immer mit um die 39° nun direkt in den See, was viele Badegäste anzieht.

Wasserkanal der ehemaligen Munitionsfabrik Real Fábrica de Armas de Orbaizeta

Auf der französischen Seite der Pyrenäen folgt schliesslich der kurzfristig organisierte Besuch der Grotte de La Verna, welche zwar mit kaum Tropfsteinen auftrumpfen kann, dafür mit einem der grössten unterirdischen Hohlräume der Welt. Leider kommt die Grösse dieser riesigen Halle mit einem Durchmesser von 250m und einer Höhe von 194m nicht wirklich gut hinüber, ist die Beleuchtung doch eher suboptimal und lässt fast keine Tiefenwahrnehmung zu. Die aufgestellten gelben Puppen lassen immerhin die Grösse etwas erahnen.

Einige Pässe später, die jetzt richtig gebirgig sind und wunderschöne Ausblicke geben, wollen wir die ehemalige Bahnstation Canfranc-Estación besichtigen, gelegen an einer ehemals sehr wichtigen Zugsstrecke die hier via Tunnel nach Frankreich weiter ging (heute aber hier bei einem neuen Bahnhof nebenan endet). Wir finden dann aber heraus, dass diese gerade zu einem Hotel umgebaut wird. Schade um den damit nicht möglichen Besuch, aber schön, dass hier die alte Bausubstanz erhalten werden kann! Etwas abgelegen davon und deutlich unbekannter dann aber das Highlight: Das alte Zugdepot steht noch in seinem verblichenen Glanz; komplett mit Drehscheibe und voll von alten Schlafwagen – wie immer leider von Vandalen teils übel zugerichtet aber trotzdem sehr imposant.

Einer der verlassenen Bahnwaggons, früher ein Schlafwagen.

Über immer höhere Pässe fahren wir hin und her, geniessen mal grosse und mal ganz kleine Strassen und einmal tun das wohl auch die Kühe und blockieren eine ganze Strasse. Für uns als Töfffahrer ist immerhin an ein vorsichtiges Durchkommen zu denken – die Autofahrer mussten wohl ihre Reservation fürs Abendessen um eine Stunde nach hinten schieben…

Wir verlassen nun Spanien zum letzten Mal und machen den nächsten Halt im Eagles Donjon in Beaucens (F). Hier kommen wir in den Genuss einer längerer Vorführung mit verschiedenen Raub- und anderen Vögeln. Über uns kreisen Milane, Adler, Geier, Kondore und Papageie. Sehr schön inszeniert und doch leben hier (wie auch sonst meistens) die meisten Vögel zwischen den Shows auf recht engem Raum und ohne grosse Flugmöglichkeiten…

Gänsegeier im Eagles Donjon in Beaucens (F)

Der nächste Tag startet mit blauem Himmel, aber noch bevor unsere Töffs startklar sind, ist der Himmel bereits tief verhangen und es wird immer düsterer. Schnell weg hier, doch unser grauer Verfolger hat dieselbe Richtung. Auf dem Col du Tourmalet nieselt es bereits und vor uns sieht es von Minute zu Minute schlechter aus. Schnell brechen wir den Plan für einen weiteren Pass ab und flitzen in die französische Ebene, möglichst weg vom Regen. Bis am Abend sind wir bereits am Fluss Aveyron und zelten direkt am Ufer des ruhigen Flusses. Dieser lässt sich auf der Strasse eine Weile verfolgen und insbesondere auf der alten Strasse ergeben sich auch wunderschöne Ausblicke.

Auch der weiter nördlich gelegene Fluss Lot schlängelt sich idyllisch durch die Landschaft. Weniger idyllisch sind die bereits bekannten Wolken, die die Verfolgung noch nicht aufgegeben haben. Der Radar verheisst nichts Gutes, die ersten Tropfen fallen schon – also wiedermal das Regenkombi hervorgekramt.
Darauf hat das Wetter gewartet. Kaum losgefahren verzieht es sich in interessantere Ecken und wir kochen vor uns hin und sind froh, dann irgendwann unser altbekanntes Laguiole zu erreichen, bekannt für seine Messer mit der typischen Fliege/Biene am Klingenansatz. Hier nehmen wir uns einen Tag Zeit, um die Werkstätten zu besuchen und den Handwerkern bei der Arbeit zuzusehen. Denn nicht alle der so typischen Messer kommen tatsächlich von hier. Da sich der Name nicht schützen lässt, kann auch jeder chinesische Billiganbieter ‚Laguiole‘ auf seine Messer schreiben.

Herstellung von Damaststahl in einer Messerschmiede in Laguiole

Gestärkt mit Messern und dem hier typischen Aligot (eine Art Kartoffelstock mit geschmolzenem, eingerührtem Tomme-Käse) vertreiben wir die Wolken und fahren zur genial-schönen Gorges du Tarn, eine tief eingeschnittene Schlucht; mal mit Steilwänden und mal mit sanfteren Waldhängen, in der Mitte tiefblaues Wasser voll von Fischen – ein Paradies. Viel zu lange bädeln wir bei einer Kiesbank – unser Tagesziel ist längst ausser Reichweite und am Ende der Schlucht wartet hinterlistig der Regen auf uns. Kurz was eingekauft und sofort wieder zurück – zum Glück gibts hier gefühlt alle 2km einen Campingplatz am Fluss. Im Sommer wohl voll, jetzt in der Nachsaison hat sich genau noch ein weiteres Gefährt auf dem Gelände eingefunden. Die Gegend merken wir uns (erneut) mal für spezifischere Ferien – aber nur ausserhalb der Hochsaison.

Gorges du Tarn

Der Regen hat sich verkalkuliert durch unseren Hasensprung und tobt sich woanders aus, doch nun müssen wir Weg machen. Erneut wollen wir unsere Spur kreuzen und sind rechtzeitig zu einem riesigen Teller feinen Ravioles wieder einmal in Pont-en-Royans. Am nächsten Tag der Pflichthalt: Aus dem frisch geleerten Topcase von Matti improvisieren wir einen Kühlschrank und füllen diesen bis unters Dach mit Ravioles. Von hier geht es über viele kleine Strassen schliesslich nach Genf zu Mattis Gotte Mariette und Agrippino, die wir seit Jahren nicht mehr gesehen haben. Schön wieder einmal hier zu sein, doch an den Verkehr in der Schweiz sind wir nicht mehr gewohnt. Waren die Strassen in den Pyrenäen stets fast leer, kommen wir hier vor lauter Autos und Lichtsignalen kaum mehr voran.

Also noch einen letzten Abstecher nach Savoyen um dann via den Pas de Morgins ins Unterwallis zu stechen und via Col des Mosses ins Berner Oberland zu gelangen. Am Ende des Tages werden wir von Anita, Urs und Leni herzlich in Noflen BE willkommen geheissen und wir geniessen unseren letzten Abend gemeinsam in wunderschöner Atmosphäre.

Den letzten Tag beginnen wir mit dem Schallenberg und biegen kurz darauf rechts ab – ein Kämmeriboden-Merengue soll unsere Henkersmahlzeit sein, denn wenige Stunden später rollen wir nachdenklich in Embrach ein. Noch können wir es gar nicht glauben, dass diese kurzen drei Monate schon vorbei sein sollen.
Ein grosser Vorteil bleibt aber: Endlich wieder ein bequemes Bett…

Fazit

Der Haupttitel der Reise ‚Reise ins Kein-Corona-Land‘ inspirierte uns zu einem Fazit. Denn war es wirklich eine Reise in ein Land ohne Corona? Strenggenommen nein, jedoch für uns durchwegs ja; weil wir mit den Motrorrädern und Zelt sehr unabhänging unterwegs waren und viele Massnahmen uns nur wenig betrafen. Selbstverständlich wurden wir an die aktuelle Situation erinnert, wenn wir in den Einkaufsläden eine Maske tragen mussten oder (in Portugal und Frankreich) auf dem Zeltplatz, Hotel oder Restaurant den Covid-Pass vorzeigen mussten. Etwas mühsam wurde es, wenn man die Maske bei 40°C tragen muss und sich dabei auch noch anstrengt. Aber wir waren erfreut und erstaunt, wie alle Leute die Maske trugen ohne wenn und aber. Da gabs keine Diskussionen, man machte es einfach, es gehörte dazu. Selbst beim wandern hatten die meisten Leute jederzeit eine bereit und wenn man sich kreuzte zog man sich die Maske ganz selbstverständlich über die Nase.

Unsere Route

Fotogallerie

Spanische Kontraste

Nachdem alle kaputten Sachen repariert sind (Mattis Sonnenbrille wird von einem Optiker kostenlos mit einem neuen Bügel versehen und in Arles finden wir auch noch ein bequemes neues Kissen für Matti, weiteres ist frisch geleimt oder als Ersatzteil unterwegs voraus nach Spanien) planen wir mittels Regenradar die weitere Route. Im Landesinneren regnet es noch immer regelmässig und viel, so bleiben wir halt entlang der Küste. Spätestens aber bei Montpellier wird es uns dort zu heiss und zu voll – selbst an einem Werktag finden PKWs kaum mehr einen Parkplatz in Strandnähe. So beschliessen wir, doch wiederum etwas in die Hügel zu fahren, wo es hoffentlich auch kühler wird und von den Regenmassen verschont ist. Im Tal des Orb finden wir schliesslich ein schönes Plätzli für die Nacht im Grünen direkt am Fluss.

Immer mit dem Radar im Blick soll das nächste Ziel die französischen Pyrenäen sein. Ab heute ist Mattis Impfzertifikat für die Einreise nach Spanien zugelassen, doch erwischt uns zuvor doch noch eine Regenwolke und wir kommen erst am Abend in Prats-de-Mollo-la-Preste an, nur wenige Kilometer von Spanien entfernt. Das mittelalterliche Städtchen hat es uns aber angetan, so schlendern wir anderntags zuerst gemütlich durch die engen Gassen und besichtigen die über eine komplett gedeckte Treppe zugängliche, hoch darüber liegende Burg. Gestärkt von Turron-Glacé nehmen wir den letzten Pass in Angriff Richtung Spanien.

Das nördliche Stadttor von Prats-de-Mollo-la-Preste

Auch hier am Zoll keine Menschenseele die etwas von uns gewollt hätte, dafür gibt es ein feines kleines Mittagsmenü mit Aussicht in einer Bergbeiz für uns; ¡Bienvenidos a España!

Die spanischen Pyrenäen haben uns schon 2008 sehr gefallen. Wir versuchen nun die Ecken zu finden, die wir das letzte Mal ausgelassen haben und kurven durch enge Täler, vorbei an tiefblauen Stauseen und durch schöne Wälder gen Westen. In letzter Sekunde erfahren wir von gesperrten Strassen, aber auch von neuen, extrem gut ausgebauten Abkürzungen, die unsere 15-Jährige Karte nicht mal ansatzweise kennt – so ergänzen sich Karte und GPS wiedermal perfekt.

Die alte Strasse führt malerisch durch die Schlucht

Die Bilderbuchburg von Javier lassen wir aber links liegen – die 34°C mit einem Parkplatz ohne jeglichen Schatten wollen wir unserem Käse im Topcase nicht zumuten – als Fondueersatz haben wir schon Crema de Queso gefunden, so wird unser Abendessen immer häufiger von feinem regionalen Käse, Wurst und Oliven geprägt. Dafür suchen wir Schatten in der nahen Schlucht Foz de Lumbier, wo über uns die Geier kreisen und wir (nicht ganz alleine – es ist Sonntag) die alte Eisenbahnlinie durch die Schlucht bewandern. Wir sind nun in der Region Navarra. Überall Kornfelder soweit das Auge reicht.

Doch nun soll es endlich an den Atlantik ins Baskenland gehen. Aus der Hitze heraus geht es die Berge hoch, endlich eine Abkühlung. Doch bald wird es zu viel Abkühlung, beginnt es doch aus den tief hängenden Wolken zu nieseln. Der Radar zeigt nichts an, trotzdem kommen wir ordentlich abgekühlt und nass am Atlantik bei Zarautz an. Der Zeltplatz gefällt uns nicht und sommerlich wie wir noch angezogen sind zieht es uns in eine nahe Casa Rural, eine Privatunterkunft wo wir unsere Knochen wärmen. Dafür gibts am Abend feinen Teufelsfisch und lokalen Cider im Städtchen.

Zarautz im Regen

Der Kontrast der Temperaturen und der Landschaft bleibt weiterhin riesig. Tief verhangen zeigt sich der Himmel auch am nächsten Tag. Auf dem Thermometer stehen 17° statt der inzwischen schon fast gewohnten >30°. Wir staunen, wie üppig grün hier alles ist; Farne, aber auch Eukalyptus begleiten uns auf unserer Weiterfahrt. Nach einem kurzen aber wunderschönen Küstenabschnitt wird es uns entlang der Küste voraus zu regnerisch, daher ab ins Hinterland wo blauer Himmel und ein Dolmen locken. Bis wir aber dort ankommen, müssen wir auch dort einer Regenfront gerne den Vortritt lassen und scheuchen die Wolken danach eine ganze Weile vor uns her.

Der Dolmen de Aizkomendi hat seine Glanzzeit leider hinter sich – nur noch die zentrale Kammer ist von den vielen Eingriffen übrig geblieben. Weiter also zu den Salinas de Añana. Hier wurde über viele Jahrhunderte eine sehr salzhaltige Quelle vor Ort auf grossen Terrassen und später auch in künstlichen Becken auf Holzterrassen verdunstet um an das weisse Gold, dem Salz zu kommen. Heute sind nur noch kleine Teile in althergebrachter Manier in Betrieb – weiter unten fährt man dann am grossen Gebäude der modernen, industriellen Salzextraktion vorbei.

Der Reiseführer beschreibt leider nur wenige landschaftliche Höhepunkte, doch mit Kartenstudium lässt sich so manches Kleinod finden, wie z.B. die Kantabrische Schweiz – schon auf 1000m gibt es kaum mehr Bäume und wir fahren durch herrliche Berglandschaften und decken uns mit weiterem lokalen Käse ein (wir könnten deutlich mehr kaufen als wir jemals essen könnten).

Kantabrische Schweiz

In der Gegend um Torrelavega hat es den Leuten schon in der Steinzeit gefallen (wegen dem Käse?), daher findet man dort heute mit die bekanntesten Höhlenmalereien von Spanien. Trotz ausdrücklichem ‚Heute ausverkauft‘-Schild bekommen wir eine Führung in den Cuevas de el Torre – unsere Gruppe vergrössert sich damit von 2 auf 4 Personen – und auch die anderen Gruppen die wir treffen sind kaum grösser (??). Sehr eindrücklich kommt man hier den originalen Malereien sehr nahe und diese werden nur kurz vom Guide mit der Taschenlampe erleuchtet um sie möglichst zu erhalten.

Zur Sicherheit buchen wir auch gleich noch ein Ticket für das bekannte Altamira für den nächsten Tag. Die gleich neben dem Zeitplatz gelegene mittelalterliche Stadt Santillana del Mar (die nicht am Meer liegt) ist zwar wunderschön, aber komplett von Kitschläden für Pilgerer und Touristen überfüllt – eigentlich sehr schade, aber trotzdem sehenswert. Altamira am nächsten Tag dann ganz anders: Wir sind extra genug früh da (weil es meist heisst, man muss 30min vorher da sein um das gebuchte Ticket nicht zu verlieren) – und können sogar noch 20min früher rein – hier hätten wir auch problemlos spontan ein Ticket gekriegt. Diese Höhle ist allerdings (wie in Lascaux in Frankreich) eine Replika, da die Originale von den hohen Besucherströmen in den letzten Jahrzehnten arg geschädigt ist – dennoch sehr sehenswert und auch das angegliederte Museum ist riesig. Mit müden Beinen besuchen wir auch noch ein frühes Bauwerk von Antonio Gaudí in Comillas, das uns aber nicht so zu begeistern mag.

El Capricho de Gaudí, Comillas

Nach vielen Fahrtagen haben wir mal wieder etwas Ruhe nötig. Nähe Llanes finden wir einen abenteuerlich direkt entlang der Steilküste angelegten Zeltplatz wo wir ein Plätzchen mit bester Aussicht erhalten. Hier machen wir es uns wiedermal etwas länger bequem, waschen und schreiben endlich diese Zeilen. Galizien rückt näher, wir freuen uns, hoffen aber auf etwas besseres Wetter um auch die nahen Picos de Europa sehen und besuchen zu können.

Unser Zeltplatz mit Strandanschluss

Unsere Route

Die Suche nach dem Keincoronaland

Diese Reise wird anders. Das wussten wir von Anfang an. Zu unsicher die Coronaprognosen, zu unklar, wohin man überhaupt gehen kann.

Eigentlich wäre ja Schottland/Irland unser Ziel, schon im Jahre des Corona 2020 mussten wir diese Reise abblasen. Aktuell wäre es zwar möglich, dort einzureisen, doch würde es eine komplizierte, bis zu 10-tägige Quarantäne verlangen, zu der wir uns nicht durchringen konnten. Auch bleibt die Situation aktuell so unsicher, dass wir jederzeit damit rechnen müssten, irgendwo festzuhängen. Also .. wohin denn nun?

Matti studiert stundenlang die aktuellen Einreisebestimmungen in den umliegenden Ländern. Skandinavien ist (noch) entweder ganz zu oder mit Quarantäne belegt. Also packen wir unser altes, nie erreichtes Ziel wieder aus: Galizien.

Galizien. Die Nordwest-Ecke von Spanien. Am Atlantik gelegen und soll landschaftlich traumhaft sein. Und schlicht für ’normal-lange‘ Töff-Ferien zu weit weg. Die Länder in die Richtung haben glücklicherweise vor kurzem für Geimpfte oder Getestete aufgemacht. Mit einigem Aufwand müsste das möglich sein.

Gerade mal 36 Stunden nach Mattis Zweitimpfung (Barbara ist schon früher durchpiekst worden) und nach dem letzten (hofften wir, und sollten zum Glück Recht behalten) Fieberschub und gerade rechtzeitig zum Start des Sommers fahren wir also los. Die Töffs bis zuoberst gepackt und wir schwitzen schon brutalstens bei den ungewohnten 26°.

Doch wenn wir schon Zeit haben, wollen wir noch ein paar Bekannte und Verwandte besuchen, die wir schon lange nicht mehr gesehen haben. Also geht die Reise zuerst ins Engadin wo wir bei Jann und Elsbeth unterkommen und einen schönen Abend zusammen geniessen können. Vielen Dank für die Gastfreundschaft!

Kurz noch je einen Schnelltest gemacht (den an der Grenze niemanden interessiert) und weiter über kleinste (Passo della Foppa) und kleine (Passo del Vivione) Pässe führt uns der Weg nun ins Bergamaskische zu Barbaras Cousinen und Tante. Wir werden herzlichst empfangen und verbringen dort zwei wundervolle Tage in liebevoller Gastfreundschaft und machen dank ortskundiger Führung wunderschöne Ausflüge. Auch euch allen herzlichsten Dank für die Gastfreundschaft!

Nun geht die Reise so richtig los. Doch erstmal will die heisse Po-Ebene durchquert werden. 37° messen wir in Piacenca und sind froh, endlich etwas Höhe zu gewinnen. Wir geniessen die ligurischen Voralpen und planen schon wieder unseren nächsten längeren Stopp vor der französischen Grenze. Denn für die dortige Einreise braucht Matti einen PCR-Test. Respektive kurz nachdem endlich einer gebucht werden konnte, doch nicht mehr, denn neuerdings reicht auch ein Schnelltest. Den eigentlich für das Warten auf das PCR-Resultat reservierten Tag füllen wir mit (mehr oder weniger per Zufall genau dann stattfindenden) Online-Konferenzen in einem wunderschönen B&B in den Hügeln hinter Savona. Frisch getestet interessiert es dann aber schliesslich niemanden bei der Einreise…

Im Tende-Tal die grosse Verwüstung. Das grosse Hochwasser im Herbst 2020 hatte grösste Schäden verursacht. Etliche Brücken waren eingestürzt und viele Abschnitte der Strasse abgerutscht. Selbst halbe Häuser standen noch am Ufer; die Möbel noch darin; es sah übel aus. Doch auch die Weiterfahrt über den geplanten Col de la Bonette wurde uns wegen einem kürzlichen Unwetter verwehrt, erst am Vorabend ging dort anscheinend ein Murgang nieder – die Strecke war bis auf weiteres vollständig gesperrt.

Dann halt weiter in die Verdon-Schlucht, die wir komplett umrundeten und die vielen schönen Aussichten (und feines Glacé) genossen. Begeistert geniessen wir die Ausblicke und die über uns kreisenden Geier und wollen uns gar nicht vorstellen, wie voll es hier im Sommer sein muss. Überrascht hat uns auch der nahe Lac de Sainte-Croix mit seinem azurblauen Wasser. Die Temperaturen um 30° sind inzwischen ganz normal – wie schnell man sich doch daran gewöhnt!

In unserer Familie ist keine Reise nach Frankreich komplett ohne ein Pflichtstopp in Pont-en-Royans. Im altbekannten Hotel die obligatorische Portion Ravioles und Forelle. Nun sollte das Wetter kippen. Für die nächsten Tage sind starke Regenfälle, Gewitter und Sturmböen angesagt, die auch die Schweiz treffen sollten. Kein gutes Töffwetter. Unsere Weiterfahrt passen wir dynamisch an und statt in die Auvergne gehts nun halt ans Mittelmehr hinunter. Das montierte Regenkombi erweist sich als überflüssig (und bald ziehen wir es ob der Hitze schnell wieder aus). Ziemlich trocken erreichen wir die Region um Arles wo wir uns auf einem kleinen Zeltplatz für zwei Nächte installieren. Und das hat seinen Grund.

Oh no, not again!

Das meiste Campingmaterial stammt eigentlich noch von der Skandinavienreise 2011. Trotz Generalprobe zuhause erweist sich mehr und mehr Material als angejährt. Schon beim ersten Zeltplatz explodiert ein Kissen. Kurz danach bricht eine Zeltstange, der Seidenschlafsack reisst, das zweite Kissen schliesst sich dem ersten an und eine Matte gibt ebenfalls irreparabel den Geist auf und Mattis Sonnenbrille bricht entzwei…

In Marseille gibt es zum Glück einen grösseren Outdoorshop, wo wir uns neu eindecken – ausser Mattis Brille, die muss warten. Hoffen wir, dass der Rest nun aber noch eine Weile hält …

Unsere Route

Auf in die Pyrenäen!

Am Freitag Nachmittag bei herrlichstem Wetter gehts los. Zuerst gehts fast in die Gegenrichtung in den Schwarzwald wo wir mit Nicki und Jorgen einen wunderschönen Abend verbringen dürfen. Am nächsten Tag gehts quer durch den Jura bis nach Genf, wo wir abermals bei Kollegen bleiben dürfen, vielen Dank Regula und Daniel! Doch nun raus aus der Schweiz und auf kleinen Strassen durch unberührte Berglandschaften bis Pont-en-Royans. Dieses Dorf, welches wunderschön ans steile Ufer eines Flusses gleich am Ausgang einer Schlucht geklebt ist ist bekannt für seine feinen Ravioles… Auf in die Pyrenäen! weiterlesen